Die Mission des Kreuzritters

Eine Rezension von Rotraud Tomaske in der Leser-Welt

Die Grundidee der Handlung
Dem Klappentext ist nichts mehr hinzuzufügen. Er beschreibt den Inhalt dieses Romans so genau, dass ich nicht noch einmal darauf eingehen muss. Mir bleibt nur zu bemerken, dass es Ulf Schiewe wieder einmal gelungen ist, Fakten und Fiktion so lebendig und authentisch miteinander zu verknüpfen, dass der Leser die Geschichte von Melisende und Raol gespannt und fasziniert verfolgt und dabei einen tiefen Einblick in die Verhältnisse des Heiligen Landes im 12. Jahrhundert gewinnt.

Stil und Sprache
Wie in fast allen seinen Büchern nutzt der Autor das Präsenz, um sein Publikum unmittelbar am Geschehen teilnehmen zu lassen. Nicht jeder mag das, aber ich persönlich fühle mich dadurch den Personen und ihren Erlebnissen besonders nah. Ich habe bereits 4 Romane von Ulf Schiewe rezensiert – und noch viele weitere von ihm gelesen – und es beeindruckt mich immer wieder aufs Neue, wie überzeugend und glaubwürdig er die tatsächlich verbürgten historischen Ereignisse mit seinen fiktiven Vorstellungen – wie es gewesen sein könnte – in Einklang bringt. Dazu gehört auch, dass er sich in der von ihm beschriebenen Zeit und Region bestens auskennt und die Örtlichkeiten so prägnant und anschaulich darstellt, dass man sie buchstäblich vor Augen hat und sich jede einzelne Szene sehr gut vorstellen kann.

Ulf Schiewe ist ein glänzender Erzähler und beherrscht die Kunst, mit seinen Geschichten sowohl sprachlich, als auch inhaltlich, immer wieder zu begeistern und zu fesseln, außerordentlich gut – ganz gleich, um welches Thema es sich handelt – und auch „Die Mission des Kreuzritters“ macht da keine Ausnahme.

Figuren
Melisende ist die älteste Tochter König Balduins II. von Jerusalem. Da er keinen Sohn hatte, war sie die Thronerbin, aber sie durfte als Frau – nach dem Verständnis ihrer Zeit – nicht ohne einen Ehemann regieren. Dass sie den ihr zugedachten Bräutigam nicht mochte, ist verständlich. Er war ihr völlig fremd, erheblich älter und nicht ihre eigene Wahl. Es ist gut vorstellbar, dass sie versuchte – durch die Flucht zu ihrer Schwester nach Antiochia – ihrem Schicksal zu entgehen und es selbstbestimmt zu gestalten. Im Verlauf der Handlung macht sie eine Entwicklung durch, indem sie sich der Verpflichtung gegenüber ihrem Land und ihrer Stellung immer mehr bewusst wird. Das beschreibt Ulf Schiewe sehr einfühlsam und nachvollziehbar.
Balduin II. von Jerusalem war ein guter Herrscher und ein guter Vater. Er scheint seine Töchter geliebt zu haben und wollte das Beste für sie. Aber er wusste auch, dass Melisende einen kampferprobten Mann an ihrer Seite brauchen würde, um ihr Erbe zu verteidigen und zu erhalten. Raol de Montalban ist eine fiktive Figur und steht stellvertretend für die vielen, anonymen Kreuzfahrer und Tempelritter, die im Heiligen Land kämpften – und starben – oft wirklich um ihres Glaubens willen, aber auch, um sich dort als jüngere Söhne ohne besondere Aussichten eine Existens zu schaffen.
Anhand seiner Person erfährt der Leser – fast nebenbei – interessante Details über die Anfänge des Templerordens, der viele Jahre eine herausragende Position in der Geschichte des Heiligen Landes einnehmen sollte.

Aufmachung des Buches
Auf dem Cover des Ebooks bildet ein mehrfarbiges, schemenhaftes, orientalisches Muster den Untergrund für eine Szene aus der Handlung. Sie zeigt einen Mann und eine Frau zu Pferd, hinter denen eine Festung zu sehen ist, von denen es im 12. Jahrhundert im Heiligen Land viele ähnliche gab. Das rote Kreuz der Tempelritter nimmt darüber die ganze Seite ein. Der Name des Autors, sowie der Titel und der Verlag sind in verschieden großen Lettern aufgedruckt. Auf einige Informationen über das Buch und den Autor folgt der Prolog von 1119, sowie 19 Kapitel, die mit aussagekräftigen Überschriften versehen sind. Anmerkungen zu Fakten und Fiktion, ein Glossar und ein Personenverzeichnis beschließen das Buch.

Fazit
Melisende von Jerusalem war eine wichtige historische Persönlichkeit ihrer Zeit, die aber heute fast unbekannt ist. Ulf Schiewe bringt sie nach mehr als 900 Jahren mit diesem spannenden und bewegenden Roman wieder in Erinnerung.